Bürgermedien im Wandel
Eine qualitative Studie über die Bedeutung von Bürgerrundfunk und partizipativen Internetplattformen als Zugang zur Öffentlichkeit
In der Studie „Bürgermedien im Wandel“ geht es um die Frage, inwieweit der Bürgerrundfunk als dritte Säule des Rundfunksystems weiterhin zeitgemäß ist. Anlass dieser Fragestellung ist die Entwicklung des Internets, welches aus technischer Sicht partizipativ angelegte Kommunikation aller Art ermöglicht und derzeit unter dem Titel Web 2.0 einen Hoffnungsträger auf eine technisch vermittelte Demokratisierung der Gesellschaft darstellt. Vor diesem Hintergrund untersuchte die Forschungsgruppe „diskursiv“ der Universität Erfurt 2009 in ihrer Bachelor-Abschlussarbeit im Rahmen einer sozialwissenschaftlich empirischen Studie Bürgermedien im Wandel. Schwerpunkt ist die Darstellung möglicher Verbindungspotenziale von Bürgerrundfunksendern und Web 2.0-Angeboten.
Gefragt wird nach den Motiven jener Bürger, die Bürgerrundfunksender bzw. Web-2.0-Internetplattformen nutzen. Diese Motive werden vergleichend gegenübergestellt und Handlungsempfehlungen für die Weiterentwicklung des Bürgerrundfunks werden aufgezeigt.
Zu diesem Zweck wurden in einem dreiteiligen Erhebungsverfahren qualitative Interviews mit Experten aus Theorie und Praxis des Bürgerrundfunks und des Internets sowie produzierenden Nutzern der Erfurter Bürgerrundfunksender und Internetplattformen durchgeführt.
Im Ergebnis zeigt sich, dass Web 2.0-Plattformen aus vergleichbaren Gründen wie Bürgerrundfunksender genutzt werden und ähnliche Funktionen für die Nutzer übernehmen. Beide Formen partizipativer Medien bieten die Möglichkeit, sich zu artikulieren, zu partizipieren, sich untereinander zu vernetzen und die Berichterstattung kommerzieller Medien auszugleichen. Hierbei entscheidend ist jedoch, dass der Bürgerrundfunk einerseits und Web 2.0-Plattformen andererseits jeweils Nutzer mit unterschiedlichen Affinitäten hinsichtlich der Medien Text, Audio und Video ansprechen. Unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes können sich beide Formen partizipativer Medien ergänzen, jedoch nicht ersetzen. Darüber hinaus ergaben sich deutliche Unterschiede hinsichtlich der Relevanz des Medienkompetenzerwerbs und der gebotenen Interaktions- sowie Diskursmöglichkeiten.
Eine Entwicklungsmöglichkeit des Bürgerrundfunks besteht in der Übernahme bestimmter, zum Teil auch textbasierter Interaktionsmöglichkeiten, die Web 2.0-Plattformen bieten, um vielfältige Kommunikationskanäle bereitzustellen und unterschiedlich produzierende Nutzertypen anzusprechen. So können Nutzer mit variierenden Affinitäten zu Text-, Audio- oder Videobeiträgen eingebunden und die Produktionsmöglichkeiten zeitlich und örtlich flexibler gestaltet werden.