Die hochaktuelle Thematik „Influencer“ diskutierten rund 150 Akteure der Thüringer Social-Media-Welt sowie Vertreter aus Wissenschaft, Politik, Recht, Wirtschaft, Medien und Interessierte auf Einladung von Thüringer Landesmedienanstalt (TLM) und der Friedrich-Schiller-Universität (FSU) in Jena.
Gerade vor dem Hintergrund der politischen Diskussion des Rezo-Videos ging es bei der 9. Auflage der Jenaer Medienrechtlichen Gespräche von TLM und FSU mit Experten über die Bedeutung von Influencer allgemein und deren zunehmend professionellen Marketingstrategie, die Entwicklung in den vergangenen Jahren unter dem Einfluss großer Kommunikationsplattformen. Außerdem wurde die bestehende Rechtslage zu Fragen der Werbekennzeichnung bei Influencern, Content-Creators und Bloggern intensiv beleuchtet.
Der Direktor der TLM, Jochen Fasco griff in seiner Einführung diese aktuelle Entwicklungen von Influencern und Content Creators auf und unterstrich, dass erst durch das plakative Rezo-Video Vielen bewusst geworden war, dass Blogger mit Millionen Followern eine enorme mediale Macht entwickeln können. Klick-Millionäre wie Rezo, BibisBeautyPalace, Gronkh und Co. sind zu einer festen Größe in der digitalen Gesellschaft geworden. Sie übernehmen damit aber auch eine große Verantwortung. Im Bereich des Wirtschaftsmarketings, so Fasco, lässt sich dagegen konstatieren, dass Influencer, die Produkte bewerben, die bestehenden Werberegeln in aller Regel berücksichtigen. Hier haben die Landesmedienanstalten seit Jahren engen Kontakt in die Szene und Vorgaben gemacht, damit die Rechtslage bewusst und eingehalten wird.
Im Interview „Viraler Erfolg im Netz – Einblicke in das Leben einer Bloggerin“ berichtete die Erfurter Bloggerin Franziska Albrecht (zukkermaedchen.de, @frances Instagram) aus ihrem Leben als Content-Creatorin. In dem Gespräch machte sie deutlich, sich ihrer Vorbildwirkung für jüngere Follower bewusst zu sein und deshalb verantwortungsvoll bei der Auswahl der Inhalte und der Kooperationspartner vorzugehen.
Stefanie Lefeldt, stellvertretende Justiziarin und Referentin für Recht und Regulierung bei der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb), machte in ihrem Beitrag „#Werbung: Inst-Stories unter Aufsicht“ deutlich, dass die Abmahnungen des Verbandes sozialer Wettbewerb e. V. in den vergangenen Monaten zu einer starken Verunsicherung und in der Folge zu teilweise widersinnigen Kennzeichnungen geführt hätten. Sie sagt: „Moderne Themen brauchen eine moderne Regulierung und 20-jährige Mädchen aus dem Prenzlauer Berg brauchen eine andere Ansprache als große Fernsehsender mit Rechtsabteilungen. Unsere Aufsicht berücksichtigt auch, dass Instagram, Snapchat und Co. nicht seit Jahren durchregulierte Medien sind.“ Auch führe das Gespräch mit den Influencern in den meisten Fällen bereits dazu, dass diese ihre Inhalte korrekt kennzeichnen. „Im Jahr 2018 hat die mabb 101 Fälle im Bereich Werbekennzeichnung von Influencer-Inhalten bearbeitet. Insgesamt musste nur ein Bescheid erlassen werden.“
Prof. Dr. Jörg Fritzsche von der Universität Regensburg machte deutlich, dass es bei den Kennzeichnungspflichten – sei es nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), Rundfunkstaatsvertrag oder anderen Vorschriften, z. B. aus dem Pressebereich – letztlich um den Verbraucherschutz geht. Verbraucher müssten wissen, wann es sich um Werbung handelt und wann nicht. Influencer seien, sofern sie als Unternehmer fremde oder die eigene Marke bewerben, in der Pflicht, diese Werbung auch klar kenntlich zu machen. Das Lauterkeitsrecht halte dafür neben § 5 a Abs. 6 UWG auch andere wettbewerbsrechtliche Vorschriften parat, z. B. die Nummern 11 und 23 des UWG-Anhangs oder die allgemeinen Irreführungsverbote. Im Zweifel gelte nach Wettbewerbsrecht: „Im Zweifel besser kennzeichnen.“
Christina Kiel, LL.M. Eur., von der Wettbewerbszentrale Bad Homburg griff diesen Gedanken auf. In ihrem Beitrag „Influencer-Marketing in der aktuellen Entscheidungspraxis der Gerichte“ fasste sie die aktuelle Entwicklung in der Spruchpraxis deutscher Gerichte zusammen. Zuletzt haben die Gerichte unterschiedlich zu ähnlichen Sachverhalten entschieden. Dabei ging es um Beiträge, die Influencer ohne Bezahlung veröffentlicht hätten. Klar sei aber, dass Werbung auch deutlich als solche erkennbar sein muss.
Im Ergebnis der sich anschließenden Podiumsdiskussion konstatierte Prof. Dr. Christian Alexander, FSU Jena, dass in Fragen der Werbekennzeichnung grundsätzlich keine unterschiedlichen Maßstäbe an Beiträge in Rundfunk, Radio, Presse oder Social-Media gestellt werden sollten. Der Gesetzgeber sei an dieser Stelle gefragt, hier einheitliche Standards für alle Bereiche und Plattformen zu regeln. Solange solche medienübergreifenden Regelungen nicht vorlägen, gelte: jeder Einzelfall muss gesondert von den Aufsichtsbehörden und Gerichten geprüft werden.
Hinweis:
Wie üblich, werden in Kürze Teile der Veranstaltung als Podcast und Videofile in den Internetangeboten von TLM (podcast.tlm.de) und FSU (https://www.rewi.uni-jena.de/JMRG8.html) nacherlebt werden können.