„Identität, Identifizierbarkeit und Anonymität im Internet“
18. Jenaer Medienrechtliche Gespräche (online) vom 14. November 2024
Die Thüringer Landesmedienanstalt (TLM) und die Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) veranstalteten am 14. November 2024 in bewährter Kooperation die 18. Jenaer Medienrechtlichen Gespräche. Thema war die „Identität, Identifizierbarkeit und Anonymität im Internet“. Im Mittelpunkt der drei Vorträge und der anschließenden Diskussion stand das Spannungsverhältnis zwischen der Möglichkeit von Meinungsäußerungen im Internet, bei denen Personen (nicht) identifizierbar sind, und den daraus resultierenden (positiven und negativen) Effekten.
Rechtliche Aspekte von „Anonymität, Pseudonymität und Meinungsfreiheit“ erläuterte Prof. Dr. Matthias Cornils, Lehrstuhl für Medienrecht, Kulturrecht und öffentliches Recht, Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Prof. Dr. Anna Sophie Kümpel, Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft mit dem Schwerpunkt Medienrezeption und Medienwirkungen am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der LMU München, gab einen Überblick zu den „Auswirkungen von Anonymität und Pseudonymität auf die öffentliche Kommunikation“.
Einen Einblick in die praktischen Erfahrungen aus der Medienaufsicht gewährte Manuel Wellmann, Referent im Justiziariat der Sächsischen Landesmedienanstalt (SLM).
Dabei wurden mögliche Gründe für eine Enthemmung der Kommunikation im Netz angesprochen, wie zum Beispiel das direkte Fehlen von sichtbaren, nonverbalen, emotionalen Reaktionen sowie die Lösung vom eigenen Selbstbild und eigenen Moralvorstellungen aufgrund der Verwendung von alternativen Identitäten.
Mit Blick auf die rechtlichen Grundlagen wurde festgehalten, dass das Bundesverfassungsgericht ein Anonymitätsinteresse zumindest als Ausfluss des Persönlichkeitsrechts als schützenswert ansieht, wenn klassische Schutzdimensionen des Persönlichkeitsrechts, wie zum Beispiel Reputation oder Resozialisierung, betroffen sind. Der Bundesgerichtshof leitet zudem aus der Meinungsfreiheit ein Recht auf anonyme Kommunikation ab.
Zugleich können einer Anonymisierung Identifizierungsinteressen, wie zum Beispiel die Sicherung einer freien, nicht manipulativen Meinungsbildung durch Transparenz hinsichtlich der Medien-Verantwortlichen, entgegenstehen.
Einen Schwerpunkt in den Vorträgen und in der Diskussion bildete die Suche nach dem richtigen Maß an Anonymität und Identifizierbarkeit im Internet. Denn zu den Eckpfeilern einer freien demokratischen Gesellschaft gehört es, dass die in ihr lebenden Personen in Austausch treten können und dabei keine Angst haben müssen, Repressalien wegen einer Meinungsäußerung ausgesetzt zu sein. Anonymität und Pseudonymität können helfen, einen freien Kommunikationsprozess zu fördern. Zugleich muss der Staat gewährleisten, dass dieser freie Kommunikationsprozess der Gesellschaft nicht schadet, insbesondere darf es keine derartige Enthemmung geben, dass Rechtsverstöße begangen werden. Auch sollte einer Spaltung der Gesellschaft und Medienverdrossenheit entgegengewirkt werden.
Die Gastgeber der Veranstaltung, Prof. Dr. Christian Alexander (FSU) und Jochen Fasco (TLM), hoben hervor, dass Internetnutzende darauf achten sollten, ob sich Personen, von denen sie Informationen erhalten, zu erkennen geben und damit eher vertrauenswürdig sind. Zugleich sollten sie, bevor sie sich selbst äußern, überlegen, ob sie zu diesem Inhalt auch außerhalb des Internets stehen.
Hinweise:
Am 24. April 2024 gehen die Jenaer Medienrechtlichen Gespräche von TLM und FSU in die nächste Runde. Eine Einladung folgt rechtzeitig und wird auch im Newsletter der TLM bekanntgemacht.
Weitere Informationen zur Veranstaltung sowie zu den vergangenen Jenaer Medienrechtlichen Gesprächen einschließlich der Videos zu den Veranstaltungen